Sir Roger Casement

Sir Roger Casement

Irischer Politiker und Unabhängigkeitskämpfer 

* 1. September 1864 bei Dublin 
+ 3. August 1916 in London (hingerichtet)

Irland im Weltkrieg

(Geschrieben im Oktober 1915.)

Für das Verhältnis zwischen England und Irland hat man in Deutschland wenig Verständnis.
In Frankreich schimmert noch etwas wie eine Erinnerung an die Tage vor mehr als hundert Jahren, da Irland erwartete, daß ihm die Freiheit von den Küsten Galliens kommen würde; in Spanien lebt eine noch ältere Erinnerung an das gemeinsame Ziel, das jenes Irland des sechszehnten Jahrhunderts mit dem Reiche Philipps des II. gegen den gemeinsamen Feind, gegen Elisabeth, einte.
Um aber in Deutschland ein Band zu finden, das es mit Irland verknüpft, muß man zurückgehen bis in das früheste Mittelalter, da irische Mönche und irische Kultur den Rheinlanden, Bayern und Franken das brachten, was die Iren selber am meisten verehrten - die Lehre der Kirche. Eine Erinnerung, die so weit zurück liegt, läßt sich nicht leicht wieder ins Leben rufen.
Und in der Zwischenzeit ist um Irland herum ein festes System politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Abschließung errichtet worden, um es von jeder Berührung mit Europa auszuschließen. Gleichzeitig wurde Europa von Irland "weggewarnt".
Die Großmachtspläne Englands forderten die völlige Aufsaugung Irlands; um dies zu ermöglichen, war es notwendig, daß England sein Opfer nicht nur langsam aussog, sondern es auch bei dieser Mahlzeit noch verleumdete, damit nicht jemand Einblick in diesen Prozeß gewönne und die Mahlzeit unterbräche. England schuf die Legende, Irland sei ein armes, wertloses Land und die Bevölkerung sei träge, sittenlos und zuchtlos.
An dieser Legende ist lange gewebt worden. Sie begann vor Jahrhunderten; als England selbst noch ein katholisches Land war, überzog es Irland mit Krieg, um die Iren zu "reformieren". Als England dann - über Nacht - protestantisch wurde, griff es die Iren an, weil sie zu gut katholisch waren.
So ist es mit allem gegangen, was Irland auszeichnete - England plünderte stets im Interesse der Moral, und die Iren widersetzten sich dem, weil sie Übeltäter waren.
Nachdem England das Land so gründlich ausgeplündert hatte, daß dem Volk fast nichts mehr zu nehmen war als der gute Name, raubte es auch diesen noch - genau so, wie es heute darnach strebt, dem deutschen Volke seinen guten Namen zu rauben.
Anstatt ein armes und wertloses Land zu sein, ist Irland Morgen für Morgen wahrscheinlich das reichste Land Europas. Der Boden ist außerordentlich fruchtbar und bringt Ernten hervor, die den Ertrag aller Nachbarländer übertreffen.
Ebenso ist es mit Rindvieh, Pferden und Schafen. Von Natur war Irland reich, durch Menschen wurde es arm gemacht. Nicht als ob der Mensch hier nicht arbeitete; der Ire arbeitete gut und produzierte viel. Aber ein anderer Mensch mit einem organisierten System bewaffneter Räuberei nahm Tag für Tag und Jahr für Jahr die Frucht seiner Arbeit, und als der Räuber fett geworden war, zeigte er sein Opfer als einen Landstreicher an.
England befolgte eine zweifache Politik: Erstens, das irische Volk zu schwächen und loszuwerden und dafür das Land mit Engländern zu besiedeln; und zweitens, die Bewohner Irlands, welches Blutes sie auch waren, zu verderben, so daß sie aufhören sollten, Irland als ihr Mutterland anzusehen, und England an seiner Stelle annähmen, und so ihre Einwilligung gäben, daß der Reichtum Irlands zum Nutzen Englands verwendet würde.
Um das erste - die Entvölkerung Irlands – durchzusetzen, wurden Jahrhunderte hindurch Kriege und Blutbäder in Irland veranstaltet. Um das zweite - die Ertötung des irischen Gedankens - zu vollenden, wurde das unehrlichste und ehrloseste Regierungsystem eingesetzt, das ein Mensch je errichtet hat.
Sein Ergebnis war die "Act of Union" von 1801, wodurch das souveräne Parlament Irlands vernichtet und das sogenannte Reichsparlament in Westminster errichtet wurde; hier hatten die Engländer eine Mehrheit von fünf zu eins gegen die Iren.
Infolgedessen wurde die Politik der Ausplünderung, der Enteignung, der Verleumdung des Charakters und der Zerstörung des gewerblichen Lebens "legalisiert". Ja, es konnte sogar so dargestellt werden, als geschähe dies mit Irlands Einwilligung, da das Parlament den gesetzlichen Titel führte: "Von Großbritannien und Irland". Diese Vereinigung der beiden Königreiche war, wie Lord Byron es ausdrückte, die Vereinigung des Haifisches mit seiner Beute.
Zur Zeit dieser "Act of Union" (1800 bis 1801) war Irland im Vergleich zu England und zu vielen europäischen Ländern ein großer Staat. Seine Bevölkerung zählte nahezu 6000000, während selbst England nicht mehr als 9000000 hatte.
Dublin, die Hauptstadt, war die zweite Stadt im britischen Reiche und vielleicht die dritte oder viertgrößte Stadt Europas. Heute ist sie unbekannt. Damals war es eine größere Stadt als Berlin, Petersburg und möglicherweise selbst als Wien.
München hatte zu der Zeit wahrscheinlich 50000 Einwohner; Dublin hatte eine Bevölkerung von über 200000, war mit einigen der prächtigsten öffentlichen Gebäude geschmückt und hatte die schönsten Straßen in Europa. Es entwickelte damals rasch ein literarisches, musikalisches und künstlerisches Leben, das die Leute von weither anlockte. Händels "Messias" wurde zuerst in Dublin aufgeführt. Das gesellschaftliche Leben in der irischen Hauptstadt übertraf an Höflichkeit, Fröhlichkeit, ja auch an Prunk das von London und Paris.
Durch die "Act of Union" nahm dies alles ein Ende. Die irische Aristokratie mußte ihre Wirksamkeit nach London verlegen und wurde in wenigen Jahren verengländert.
Ihre Interessen wurden englische Interessen. Regierung und Parlament handelten nur für sie und stets gegen das Interesse des Landes, das sie im Stich gelassen hatten. Die Gesetzgebung ging darauf aus, den Stand dieser abwesenden Grundbesitzer zu kräftigen, da ja ihre Einkünfte nach England gingen, und zu gleicher Zeit das gewerbliche Leben des Landes im Interesse der englischen Gewerbetreibenden zu schwächen. Ein Handelszweig nach dem andern verschwand; eine Industrie nach der andern wurde von dem "Schwesterlande" ausgesogen. Wollweberei, Baumwollspinnerei, Tuchfabrikation, Messerschmiederei, Glasindustrie, Lederwaren, Möbeltischlerei, Buchdruckerei und -Verlag, Schiffahrt und Schiffbau - alles, was ein aufblühendes Gemeinwesen braucht, wurde in Irland unterdrückt und von England zwangsweise eingeführt.
Irland wurde immer ärmer, England immer reicher. Und in dem Maße, wie Handel und Industrie der irischen Aristokratie folgten, wuchs und vermehrte sich das Volk im eigenen Lande und wurde erbarmungslos auf seine Scholle zurückgetrieben, um auf ihr das nackte Leben zu fristen.
Im Jahre 1846 war die Bevölkerung, obwohl von ihr mehr nach Amerika auswanderten, als von irgend einem anderen Lande, auf beinahe 9000000 angewachsen.
Die Insel, die wesentlich größer ist als Bayern, wäre wohl imstande gewesen, eine noch größere Bevölkerung bequem und reichlich zu ernähren, wenn sie eine Regierung gehabt hätte, die sich um die Hilfsmittel des Landes und ihre Entwicklung hätten kümmern sollen.
Im Jahre 1840 war Irlands englische Regierung ganz und gar darauf bedacht, daß alle Erträge nach England gingen und daß sein irisches Volk - anderswo Einginge: Zu Cromwell´s Zeit hieß das "zur Hölle oder nach Connacht". In den Zeiten der jungen Königin Viktoria gab es kein Connacht mehr. Der andere Bestimmungsort wurde mit einem schönen Wort umschrieben. Eine "Hungersnot" entstand im Lande; das Volk starb zu hunderttausenden vor Hunger, während der Erdboden, den sie pflügten, aber nicht zu eigen hatten, in einem Jahre für 20000000 £ (400000000 Mark) Nahrungsmittel zur Ausfuhr nach England hervorbrachte. Wer in Irland arbeitete und hervorbrachte, starb vor Hunger, während die Trägen und Nichtswürdigen in einem anderen Lande sich an seiner Arbeit mästeten.
In den sechs Jahren von 1846 bis 1851 verlor Irland über 2000000 Leute, teils durch Hungersnot und Hungertyphus, teils durch die Flucht nach Amerika.
In demselben Zeitabschnitt führte die Insel nicht weniger als für 100000000 £ nach England aus - Nahrungsmittel, Korn, Vieh und Vorräte.
Das war ein modernes Wunder, ein Bauernstand, "zu arm, um selbst seine Toten zu begraben", ernährte aus dem Grab noch die Herzöge, Grafen und Barone des Landes, die es in diesen schlechten Ruf gebracht hatten.
Als die Zählung von 1851 zeigte, daß die irische Rasse über den Atlantischen Ozean strömte, verkündete die "Times" mit Freude, daß das Ziel von Jahrhunderten endlich in Sicht wäre.
"Die Iren haben sich gründlich aus dem Staube gemacht", hieß es da, "ein irischer Katholik wird in den Ufern des Shannon bald ebenso selten sein, wie ein Indianer an den Gestaden Manhattans."
Die Insel mit ihrem reichen Boden, ihren bequemen Häfen und vielen Flüssen und Seen würde nun endlich in die Hände derer fallen, die sie verdienten. Das irische Barbarentum sei auf den fruchtbarsten Ebenen Europas verhungert. Als ein Stück reales Vermögen war Irland auf dem englischen Gütermarkt von unschätzbarem Werte - als eine Heimat seiner eingeborenen irischen Bewohner war es ein Dorn im Auge und eine Pestbeule.
Seit der "Hungersnot" von 1846/49 ist die Politik der "Times" mit wechselndem Erfolge beharrlich angewendet worden Das Volk wurde beständig in die See getrieben. Die Volkszählung der Vereinigten Staaten zeigt, daß unter je 10000 im Ausland geborenen Einwohnern der Vereinigten Staaten etwa 4700 in Irland geboren sind.
Beinahe die Hälfte der gesamten Auswanderer nach der "neuen Welt" stammte von einer kleinen europäischen Insel!
Gewiß eine Erscheinung, die ans Wunder grenzt. Aber die Iren waren stets ein frommes Volk. Während man anderswo lau im Glauben war, konnten die "Times" und ihre Anhänger auf ein Land deuten, wo noch immer Wunder getan wurden - freilich auf Kosten derer, an denen sie geschahen und mit einem hübschen Profit für die, die sie taten.
Man geht nicht zu weit, wenn man sagt, daß England während des letzten Jahrhunderts über 20 Milliarden Mark (über 1 000000000 £) aus Irlands Armut bezog, und daß es während derselben Zeit etwa 3000000 Iren durch Gewalt oder Hunger dazu zwang, als Hörige in seinen Bergwerken, Steinbrüchen, Eisengruben und Häfen zu arbeiten oder durch "freiwillige Rekrutierung" seine Schlachten zu schlagen.
Der ausgehungerte Ire wurde über See verfrachtet, um andere Völker für England zu unterwerfen und frischen Raub heimzubringen, der dann in einer großen Warenhausgesellschaft in Westminster angelegt wurde. Der rechte Name für das britische Imperium ist "das britische Emporium".
Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts schien Englands irische Politik abgeschlossen zu sein.
Die Iren "hätten sich gründlich aus dem Staube gemacht". Die Bevölkerung war auf wenig mehr als 4000000 heruntergebracht, und der fruchtbare Boden war in der Hauptsache der Viehzucht für Englands Ernährung übergeben worden.
Irland war John Bullys Küchengarten geworden. Der Überrest der Bevölkerung, sorgfältig entwaffnet, konnte nun ruhig mit der Regierung "ihrer eigenen inneren Angelegenheiten" betraut werden.
Home Rule bedeutet in den Augen englischer Staatsmänner, daß man den Iren das Bestimmungsrecht über ihre Straßen, ihre Gas- und Wasserleitungen und dergleichen geben sollte, unter der Bedingung, daß sie keine bewaffneten Streitkräfte haben dürften, um diese armseligen Rechte zu schützen.
Home Rule gibt nicht die Macht, die zur Gründung von Industrien, Handels- und Schiffahrtsunternehmungen und zum Verkehr mit andern Ländern ermutigt.
Gerade in dem Jahre, das die Erhebung der Home Rule Bill zum Gesetz erleben sollte, eignete sich etwas, das deutlich offenbart, welche dauernde Eifersucht England gegen Irland hegt.
Im August 1913 brach die Cunard Company ihren öffentlichen Kontrakt und befahl ihren großen Postdampfern, Queenstown nicht mehr anzulaufen. Die englische Regierung erklärte sich außer Stande, die Cunard Company zu zwingen, ihren Kontrakt einzuhalten.
Dementsprechend forderten einige weitblickende Iren eine deutsche Dampfschiffahrtsgesellschaft auf, den irischen Hafen anzulaufen, und die Hamburg-Amerika-Linie nahm die Aufforderung an.
Ein Hamburg-Boston-Dienst über Queenstown wurde in Aussicht genommen und angekündigt.
Das erste Schiff der neuen Linie sollte im Januar 1914 Queenstown anlaufen. Es kam nicht. Auch der nächste Dampfer des Fahrplanes kam nicht, und nach kurzer Zeit wurde öffentlich angekündigt, daß die Hamburg-Amerika-Linie auf ihrem Wege nach Boston nicht Queenstown, sondern Southampton anliefe.
Die britische Regierung hatte sich mit dem Erfolge eingemischt, daß Irland wiederum vom Festlande abgeschlossen, und daß eine freundliche fremde Hand von den Gestaden des verbotenen Landes ferngehalten wurde.
Wenige Monate später kam der Krieg. Irland, das bisher ein Land von "trägen, nichtsnutzigen Leuten" gewesen war, sah sich durch Sir Edward Grey zu "dem einen glänzenden Punkte" des Weltreiches befördert. In einer Nacht rückte es in die erste Reihe aller der kleinen Nationalitäten, für die Großbritannien das Schwert gezogen hatte und von denen man nun erwartete, daß auch sie gewiß ihr Schwert für Großbritannien ziehen würden.
In dem Augenblick, wo der Krieg gegen Deutschland begonnen war, wurden die Iren (die Verbrecher waren, wenn sie versuchten, sich in ihrem eigenen Interesse zu bewaffnen) "Helden", unter der Bedingung, daß sie nach Flandern gingen, um für John Bullys Interessen zu kämpfen.
"Ich hoffe, sagte Lord Crewe, als die Home Rule Bill das Oberhaus passierte, "daß nun die Iren herdenweise zu den Fahnen strömen werden".
Das taten sie nicht. Der eine helle Punkt blieb hartnäckigerweise dunkel.
Statt der dreihunderttausend Mann, die die englische Presse als den Preis für Home Rule verlangt hatte, sandte Irland nur die Landstreicher, aus denen in früheren Jahren seine Gesamtbevölkerung bestehen sollte.
Mr. Redmond, Kardinal Mercier, "belgische Greuel" und der übrige Mechanismus, der die Iren in den Krieg führen sollte, konnten die Maschine nicht in Gang bringen.
Fabriken wurden geschlossen, damit die Arbeiter durch Hunger in die Armee getrieben würden. Aber die große Masse der Iren lehnte es hartnäckig ab, sich dazu bewegen zu lassen.
Mr. Redmond behauptete kürzlich, daß 120000 Iren an der Front ständen.
Die Angabe war unwahr.
Die Rekruten, die Mr. Redmond zusammenrechnete, waren zum großen Teil überhaupt keine Iren, und Tausende von ihnen kamen aus England und Schottland.
Große Mengen von Reservisten, Männer, die bereits der Armee angehört hatten, wurden durch das Gesetz gezwungen, wieder zu den Fahnen zu gehen.
Selbst wenn man diese mitzählt und alle Methoden der Schmeichelei und der Drohungen berücksichtigt, hat Irland im ersten Kriegsjahre nur einige 85000 Mann aufgebracht.
Die "Times" bemerkte am 23. Juli 1915 entrüstet, daß es noch "660 000 Mann im militärpflichtigen Alter in Irland gäbe, die man noch nicht angerührt hätte."
Sie war dafür, daß die Regierung Schritte täte, um diesen Vorrat an menschlichem Rohmaterial für die größte der englischen Industrien zu sichern - für die Niederlegung Deutschlands.
Die Aushebung wurde das Lieblingsthema eines großen Teiles der britischen Presse. Wenn die Iren sich an dem Angriffe auf Deutschland nicht beteiligten, würde "man sie holen".
Die Aushebung hängt noch in der Schwebe. Man sagt uns, wenn der jetzige Versuch, freiwillig Rekruten aufzubringen, mißlingt, dann müßte die Aushebung kommen. Laßt sie kommen.
Man sagt uns, Kanada könne bei Beginn des neuen Jahres 250000 Mann an die Front schicken. Ich bin stolz darauf, daß Irland nichts der Art tun wird.
Wenn die Aushebung gesetzlich festgelegt wird, so wird sie entweder nicht auf Irland angewandt werden, oder wenn man sie anwendet, dann habe ich volles Vertrauen in das Ergebnis.
England wird nicht die "660000 Mann im militärischen Alter in Irland" bekommen, "die man noch anzapfen kann."
Ich und meine Freunde in Irland und Amerika haben den Zapfen abgedreht. Der Zapfen ist nicht in den Händen Mr. Redmond´s oder denen der englischen Regierung. Die Aufgabe der irischen Freiwilligen ist, ihr eigenes Land zu verteidigen, nicht ein anderes anzugreifen.
Wenn man die Aushebung auf Irland anwenden will, wird es eine Erwiderung darauf geben, und anstatt Rekruten für die britische Armee in Flandern zu bekommen, wird England seine Garnisonen in Irland bedeutend zu vermehren haben.
Wir haben in diesem Kriege bereits 200000 Iren den Reihen der britischen Armee ferngehalten.
Diese Männer sind zu Hause, in ihrem eigenen Lande, entschlössen, dort zu bleiben, und kein "Act of Parliment" wird sie in englische Soldaten verwandeln, damit sie ein befreundetes Land und ein befreundetes Volk angreifen, das sich niemals an Irland versündigt hat. Diese meine Handlungsweise ist in England als Verrat bezeichnet worden. In Irland haben die Männer einen andern Namen dafür.
Um meine eigenen Landsleute davon abzuhalten, an einem großen Verbrechen teilzunehmen, würde ich nicht vor hundert Handlungen solchen "Hochverrates" zurückschrecken noch den Folgen jemals aus dem Wege gehen.
Wenn der Rauch und Staub dieses großen Kampfes weggeblasen ist durch den Atem gütiger Menschen, die gewillt sind, nicht länger zu hassen und zu morden, wird man sehen, daß Irland, unbewaffnet und schwach, eine edlere Rolle in diesen größten Entscheidungen gespielt hat, dem die Menschheit je gegenüber stand, als das mächtige Spiel seines großen imperialistischen Partners.
Der eine trat auf, mit Frieden auf seinen Lippen und Neid in seinem Herzen, um ein benachbartes Land zu berauben und zu zerreißen - der andere hielt sich fern.
Der eine trat auf mit gedungenen Banden, mit geborgtem Gold und geborgten Männern, um ein Volk anzugreifen, das ihm niemals Unrecht getan hatte - der andere hielt sich fern.
Es kann sein, daß die Geschichte die Taten des einen aufzählt und über das Fernbleiben des andern schweigt. Sprechen ist Silber - Schweigen hier in der Tat Gold. Die Schlachten zu Lande und Wasser, die mächtigen Verbrechen, die Menschen an Menschen verüben und die sie "Ruhm" mißnennen - laßt alle anderen daran teilhaben.
Irlands Anteil, das hoffe und glaube ich, wird der sein, daß es seine Söhne in Frieden zu Hause hält - und jeder, der auf irgend eine Weise dazu beitrug, dies zu tun, hat ein edler Ding getan, als wer dabei half, eine Million Gräber zu füllen.

Textquelle:
Sir Roger Casement: Irland, Deutschland & die Freiheit der Meere & andere Aufsätze (1917)

 

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